Für eine gemeinsame europäische Agenda

Kanzlerin in Warschau Für eine gemeinsame europäische Agenda

Die zweite offizielle Auslandsreise als neue Bundeskanzlerin hat Angela Merkel nach Warschau geführt. Polen ist Deutschlands unmittelbarer Nachbar und enger Verbündeter. Beide Länder wollen gemeinsam an einem starken Europa arbeiten.

Bundeskanzlerin Merkel und Mateusz Morawiecki, Polens Ministerpräsident, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Merkel: Ich werde alles dran setzten, dass wir in Europa eine gemeinsame Agenda haben.

Foto: Bundesregierung/Kugler

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki freute sich, weil das deutsch-polnische Verhältnis im Koalitionsvertrag extra erwähnt wird. "Wir werden den Worten Taten folgen lassen", unterstrich Merkel. Auch wenn die Gespräche mit dem polnischen Nachbarn manchmal nicht einfach seien, "wollen wir die Beziehungen gut pflegen", versprach sie. Schon deshalb, weil europäische Anliegen gemeinsam besser vorangebracht werden könnten. "Ich werde alles dran setzten, dass wir in Europa eine gemeinsame Agenda haben", so Merkel.

Die sehr engen wirtschaftlichen Beziehungen entwickeln sich bereits äußerst positiv. Im letzten Jahr belief sich der Handelsaustausch auf 110 Milliarden Euro Warenwert - ein Rekord, und es gibt noch Potenzial.

Europa mit dem Weimarer Dreieck Impulse geben

Merkel und Morawiecki kündigten an, die Zusammenarbeit innerhalb des so genannten Weimarer Dreiecks wieder neu zu beleben. Dieses Gesprächsformat zwischen Polen, Frankreich und Deutschland befasst sich seit seiner Gründung 1991 mit Europapolitik.

Merkel und Morawiecki waren sich einig, dass die EU ein gemeinsames Asylsystem braucht. Die Kanzlerin zeigte sich optimistisch, dass Europa eine Lösung finden werde. Zwar findet Polen das ganze Asylsystem "überholungsbedürftig", so Morawiecki. Bisher verweigert sich das Land der von der EU geforderten Umverteilung von Geflüchteten. Der polnische Regierungschef sicherte aber zu, eng mit den europäischen Partnern zusammenzuarbeiten.

Auch Polen leiste einen Betrag, sagte Merkel. Die Geflüchteten kämen aus "anderen Regionen". So hat Polen seit Beginn des Ukraine-Konflikts 2014 zahlreiche ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, die in Polen Arbeit fanden.

Giftanschlag verurteilt

Merkel und Morawiecki verurteilten das Giftattentat auf den Ex-Doppelagenten Skripal in Großbritannien . Der nächste Europäische Rat müsse darauf eine eindeutige Antwort geben.

Der ehemalige Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter Julia kämpfen seit mehr als zwei Wochen in einer Klinik um ihr Leben. Sie wurden britischen Angaben zufolge Opfer des Nervengifts Nowitschok, das in der Sowjetunion entwickelt worden war. London geht davon aus, dass Moskau an dem Anschlag beteiligt war. Russland weist diese Vorwürfe zurück.

Kreisau heißt jetzt Krzyżowa

Merkel erinnerte an die Begegnungsstätte Kreisau (poln. Krzyżowa), ein Ort der Versöhnung zwischen Polen und Deutschen. Gute 50 Kilomenter von Breslau (poln. Wrocław) entfernt treffen sich heute auf dem ehemaligen Gutshof der Familie von Moltke Jugendliche aus beiden Ländern. Sie beschäftigen sich mit der deutsch-polnischen Geschichte und Gegenwart.

Auf dem Gutshof versuchte der sogenannte Kreisauer Kreis aus demokratisch gesinnten Politikern und Privatleuten seinen Widerstand gegen die Nationalsozialisten und ihre Gewaltherrschaft. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurden die Mitglieder und ihre Familien verfolgt, etliche hingerichtet.

Am 12. November 1989 trafen sich Bundeskanzler Helmut Kohl und der polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki auf Gut Kreisau. Kurz nach dem Fall der Mauer in Berlin feierten sie im Innenhof des historischen Gutshofs - damals noch eine LPG - gemeinsam eine Versöhnungsmesse. Die anschließende Umarmung der Regierungschefs war ein Zeichen der Versöhnung. Diese Geste des Friedens gilt als ein Neubeginn in den polnisch-deutschen Beziehungen.