Fortschritte in Deutschland und Europa

Jahresgutachten des Sachverständigenrates Fortschritte in Deutschland und Europa

Das deutsche Bruttoinlandsprodukt wächst 2012 und 2013 jeweils um 0,8 Prozent. Die Arbeitslosenquote geht in diesem Jahr auf 6,8 Prozent zurück - den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Das prognostiziert der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten.

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Bundeskanzlerin Merkel nimmt das Gutachten des Sachverständigenrates von den Wirtschaftsweisen Wolfgang Franz (ZEW) ) und Claudia Buch (Uni Tübingen) entgegen

Die Sachverständigen bescheinigen der Kanzlerin Fortschritte, sehen aber auch Handlungsbedarf

Foto: Bundesregierung/Kugler

Im Zuge der Euro-Krise habe sich die Weltwirtschaft konjunkturell stark abgeschwächt, so das Gutachten. Dies habe die Konjunkturentwicklung in Deutschland belastet. Bei allen Anstrengungen, die Euro-Krise zu überwinden, dürfe nicht übersehen werden, dass es weiterhin wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf im Inland gebe.

Haushaltskonsolidierung kommt voran

Die Sachverständigen bescheinigten, dass die Haushaltskonsolidierung in Deutschland vorankomme, forderten aber zugleich mehr Ehrgeiz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verwies bei der Übergabe des Gutachtens in Berlin auf ein Spannungsverhältnis: Einerseits erfülle die Bundesregierung die Vorgaben der Schuldenbremse drei Jahre früher als vorgesehen. Andererseits werde Deutschland auf internationaler Ebene eine zu starke Konsolidierung vorgeworfen. "Wir versuchen den Weg zu finden", so Merkel.

Handlungsbedarf im Inland

Die Bundesregierung müsse die Energiewende effektiv und effizient gestalten sowie Reformen im Gesundheitswesen und im Steuersystem voranbringen, empfehlen die Sachverständigen weiter. Bereits umgesetzte oder eingeleitete Reformen, insbesondere am Arbeitsmarkt und in der Alterssicherung, dürfe die Regierung nicht zurücknehmen.

Video Sachverständigenrat veröffentlicht Jahresgutachten

Vorschläge von Energie bis Steuern

Die Sachverständigen schlagen unter anderem vor:

  • das EEG durch ein marktwirtschaftliches Quotenmodell zu ersetzen und einen langfristigen institutionellen Rahmen des Strommarkts festzulegen und umzusetzen,
  • in der Gesetzlichen Krankenversicherung den eingeschlagenen Weg zu einer stärkeren, einkommensunabhängigen Finanzierung fortzusetzen,
  • die Flexibilität des Arbeitsmarktes zu erhalten und auszubauen,
  • im Steuersystem Maßnahmen zu ergreifen, welche die Widerstandskraft der Real- und Finanzwirtschaft stärken.

Die Kanzlerin sagte dazu: "Bei der Einschätzung der Binnenwirtschaft stimmen wir überein, bei den Maßnahmen nicht in allen Fällen."

Solide Architektur für Europa

In der Euro-Krise zeigten sich erste Lichtblicke, so das Gutachten. Ein Beispiel sei die Rückführung der Leistungsbilanzdefizite in einzelnen Euro-Staaten. Die Politik habe Teile eines langfristigen Ordnungsrahmens auf den Weg gebracht, insbesondere mit dem Fiskalpakt. Zudem schienen sich die Anstrengungen in den Problemländern langsam auszuzahlen.

Im Zuge des Krisenmanagements habe die Europäische Zentralbank allerdings immer mehr Aufgaben übernommen. Dadurch sei die Grenze zwischen Geld- und Fiskalpolitik zunehmend verwischt worden. Diese Notlösung dürfe keinesfalls zu einer Dauerlösung werden. Deshalb müsse die Politik eine stabile Architektur für Europa entwerfen, raten die Sachverständigen.

"Wir werden das Gutachten als wichtigen Beratungsgegenstand in der Bundesregierung nehmen", sagte Merkel abschließend.

Gemäß § 6 Absatz 1 des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14. August 1963 legt der Sachverständigenrat sein 49. Jahresgutachten vor.
Der Rat besteht aus fünf Mitgliedern. Diese so genannten "Wirtschaftsweisen" werden für einen Zeitraum von fünf Jahren auf Vorschlag der Bundesregierung einberufen. Sie begutachten die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und helfen Regierung und Öffentlichkeit, sich ein Bild darüber zu machen.