Impfen in Europa beschleunigen

Konferenz des Europäischen Rats Impfen in Europa beschleunigen

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben darüber beraten, wie das Impfen in Europa beschleunigt werden kann. Auch die Kontrolle von Impfstoff-Exporten war Teil der Gespräche. Ein Höhepunkt war der virtuelle Besuch von US-Präsident Biden. Die wichtigsten Themen im Überblick.

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Kanzlerin Merkel nimmt am Europäischen Rat teil.

Kanzlerin Merkel nimmt am Europäischen Rat teil.

Foto: Bundesregierung/Denzel

Angesichts steigender Fallzahlen in ganz Europa fand der Europäische Rat nicht wie ursprünglich geplant in Brüssel, sondern ein weiteres Mal virtuell statt. Die Pandemie war dann auch das zentrale Thema der EU-Staats- und Regierungschefs. Im Mittelpunkt stand besonders die Frage, wie das Impfen in Europa schneller vorangehen kann.

Impfstoff-Exporte stärker kontrollieren

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen berichtete den Staats- und Regierungschefs zunächst über die geänderte Verordnung zur Exportkontrolle von Impfstoffen, die die Kommission am Mittwoch beschlossen hatte. Diese sieht vor, dass die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission bei Ausfuhren von Corona-Impfstoffen nicht nur prüfen, ob Hersteller ihre Lieferverträge mit der EU erfüllen. Untersucht wird auch, ob das Bestimmungsland selbst Ausfuhren beschränkt, und wie dort die epidemiologische Lage, die Impfquote und die Impfstoffvorräte sind.

Bundeskanzlerin Merkel betonte, dass trotz Kontrollen die globalen Lieferketten nicht gestört werden dürften. Dennoch sei man daran interessiert, „dass die Firmen, die mit uns Verträge abgeschlossen haben, auch wirklich vertragstreu sind“, sagte sie. Sie verwies darauf, dass die EU anders als die USA oder Großbritannien sich nicht nur selbst mit Impfstoff versorge, sondern auch in die Welt exportiere. Man müsse einerseits globale Lieferketten achten und Protektionismus bekämpfen, andererseits aber die eigene Bevölkerung versorgen - „weil wir wissen, dass dies der Weg aus der Krise ist.“

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Video „Das Impfen ist der Weg aus der Krise“

Faire Verteilung in der EU

Die Staats- und Regierungschefs sprachen auch über die Verteilung vom Impfstoffen in der EU. Österreich, Tschechien, Slowenien, Bulgarien, Kroatien und Lettland hatten darauf verwiesen, weniger Dosen erhalten zu haben, als ihnen gemäß ihrer Bevölkerungsgröße zustehe. Hintergrund ist der Mangel des Impfstoffs von AstraZeneca, den diese Länder verstärkt bestellt hatten.

Glücklicherweise habe Biontech sich bereiterklärt noch im zweiten Quartal zehn Millionen zusätzliche Dosen zu liefern, die eigentlich für das vierte Quartal vorgesehen wären, erklärte Merkel. „Wir wollen aber natürlich an dem Pro-rata-Ansatz für jedes Land festhalten und dennoch solidarische Mechanismen anwenden“, stellte sie klar. Der Rat der Botschafter wurde beauftragt, hier eine faire Lösung zu finden. 

Pandemie global bekämpfen

Der Europäische Rat will zudem die internationale Initiative Covax stärken und etwa afrikanischen Ländern Impfstoff zukommen lassen. Man wisse, dass der Sieg über das Virus erst dann erreicht ist, wenn jeder auf der Welt die Chance habe immunisiert zu sein, sagte die Kanzlerin. Eine schnelle Impfung der Bevölkerung in der Europäischen Union sei noch keine Garantie dafür, dass sich nicht anderswo wieder Mutationen ausbreiteten, die zu uns kämen und die Wirksamkeit der Impfstoffe infrage stellten. 

Videoschalte mit US-Präsident Biden wichtige Geste

Ein Höhepunkt des Europäischen Rates war ein Austausch mit dem neugewählten US-Präsidenten Biden über die transatlantische Agenda. „Es gibt eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten, die wir pflegen und wieder mehr pflegen wollen“, sagte die Kanzlerin. Als Beispiele nannte sie die Zusammenarbeit beim Klimaschutz, Handelsfragen und das Verhältnis zu China, Russland und der Türkei. 

Man hoffe, Joe Biden im Sommer im Europäischen Rat und vielleicht zu einem Nato-Treffen in Europa begrüßen zu können, so Merkel. „Heute war es ein erstes Kennenlernen, aber eine Geste, die sehr, sehr wichtig war und bedeutet, dass wir wieder enger im Gespräch sind.“

Dialog mit der Türkei fortführen

Mit Blick auf die Türkei begrüßten die Staats- und Regierungschefs die Entspannung im östlichen Mittelmeer im Bezug auf Griechenland und Zypern. Gleichzeitig äußerten sie ihre Sorge über die innenpolitischen Entwicklungen des Lands, insbesondere den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention, ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. 

Trotz der zum Teil tiefen Meinungsverschiedenheiten sei Sprachlosigkeit keine Antwort, so Merkel. Man brauche Kontakte mit der Türkei auf allen Ebenen, um über die kontroversen, aber auch über die gemeinsamen Interessen zu sprechen. Dabei verwies sie auf die EU-Türkei-Erklärung, die sich bewährt und vor allem vielen Flüchtlingen geholfen habe.

Ein weiterer Schwerpunkt: Digitalisierung 

Auch die Fortentwicklung der Digitalunion war ein Schwerpunkt der Beratungen. Deutschland und andere Mitgliedstaaten hatten in einer gemeinsamen Initiative die Kommission gebeten, im Hinblick auf die digitale Souveränität schnell zu handeln. „Wir haben aber auch um eine Analyse unserer Schwächen gebeten“, so die Kanzlerin. Dringenden Handlungsbedarf gebe es sowohl bei der Regulierung von Onlineplattformen als auch mit Blick auf die künstliche Intelligenz und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen. „Das umfasst auch die digitale Identität. Denn sie ist Voraussetzung für das Funktionieren eines digitalen Binnenmarktes.“

Das Fazit der Kanzlerin nach dem virtuellen Treffen: „Ich denke, es war sehr effektiv und sehr komprimiert, aber auch sehr erfolgreich.“