Europa muss sich entscheiden

Europäischer Rat in Brüssel Europa muss sich entscheiden

Das künftige Verhältnis Großbritanniens zur EU und die Migrationspolitik: Das sind die Themen des Europäischen Rates heute und morgen in Brüssel. In ihrer Regierungserklärung im Bundestag hatte Kanzlerin Merkel Verständnis gezeigt für viele Reformforderungen Großbritanniens.

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Deutschland hat sich immer dafür eingesetzt, dass Großbritannien ein aktiver und engagierter Partner in einer starken Europäischen Union bleibt. Wichtig ist jedoch dabei, dass die grundlegenden Errungenschaften der europäischen Einigung nicht in Frage gestellt werden. Der EU ist es bisher stets gelungen, Interessen einzelner Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass das auch bei den jetzigen Verhandlungen gelingen kann.

Kompromisse ja, aber nicht zu jedem Preis

Bundeskanzlerin Merkel setzt dabei auf Kompromisslösungen, "aber immer im Blick auf die Bewahrung auch der Grundpfeiler der Europäischen Union. Und dazu gehören die Prinzipien von Nichtdiskriminierung und eben auch Freizügigkeit", wie sie bereits beim Dezember-Gipfel erklärte und im Deutschen Bundestag am Mittwoch vor Beginn des Gipfels wiederholte.

Die Bundesregierung arbeitet in diesem Zusammenhang konstruktiv mit Großbritannien zusammen. Der Umgang mit den britischen Reformwünschen der EU Union ist aber keine rein bilaterale Angelegenheit. Er betrifft alle EU-Partner gleichermaßen.

EU-Mitgliedschaft von Großbritannien in deutschem Interesse

Bei einem Treffen mit Premierminister Cameron am vergangenen Freitag (12.02.2016) in Hamburg wies Merkel noch einmal darauf hin, dass es im gesamteuropäischen Interesse sei, dass Großbritannien "auch in Zukunft aktives Mitglied in einer erfolgreichen EU ist und bleibt".

"Denken wir an die Wirtschaftskraft der Europäischen Union, zu der Großbritannien Beträchtliches beiträgt und von der es auch selber profitiert. Denken wir auch an die Offenheit britischen Denkens. Denken wir an die Suche nach Wettbewerbsfähigkeit, an den Abbau von Bürokratie, an das Bekenntnis zum freien Handel. Das alles bringt Großbritannien immer und immer wieder in das Gedankengut der Europäischen Union ein", sagte Merkel.

"Denken wir auch an den Einfluss Europas in der Welt, der ohne das außen- und sicherheitspolitische Engagement Großbritanniens erheblich an Gewicht verlieren würde. Denken wir gerade in diesem Kreis nicht zuletzt an die Freundschaft und Verbundenheit zwischen unseren beiden Ländern", so die Bundeskanzlerin. In ihrer Regierungserklärung im Deutschen Bundestag machte Merkel am Mittwoch nochmals deutlich, dass der Verbleib Großbritanniens in der EU im nationalen, deutschen Interesse liegt.

Der Präsident des Europäischen Rats Donald Tusk hatte am 2. Februar einen Vorschlag über eine neue Regelung für das Vereinigte Königreich vorgelegt. Dieser Vorschlag wird Grundlage für die Beratungen in Brüssel sein. Auch Tusk möchte eine für alle Seiten zufriedenstellende Einigung erzielen.

Europäische Lösung der Flüchtlingskrise alternativlos

Zweites Gipfelthema ist die Migrationspolitik der EU. Der Europäische Rat wird über die Umsetzung der bereits beschlossenen Maßnahmen sowie über die aktuellen Entwicklungen seit dem Dezember-Rat beraten.

Die Bundesregierung ist dabei auf allen Ebenen engagiert, um den Zustrom an Flüchtlingen nach Europa zu reduzieren. Ziel ist es, eine europäische Lösung für dieses gesamteuropäische Problem zu erzielen. Die Bundeskanzlerin erwartet einen Europäischen Rat, "der eine Zwischenbilanz dahingehend zieht, wo wir bei der Umsetzung unserer Maßnahmen zur Außengrenzensicherung und im umfassenden Sinne zur Zusammenarbeit mit der Türkei stehen, und der konkrete nächste Schritte einleitet. Wir brauchen einen wirksamen Schutz unserer EU-Außengrenzen, und wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen. So werden wir eine spürbare und dauerhafte Reduzierung der Flüchtlingszahlen erreichen", erklärte sie in einem Zeitungsinterview.

Der Türkei komme dabei - so die Kanzlerin im Bundestag- eine Schlüsselrolle bei der Sicherung der Seegrenze mit der EU zu.

Der Europäische Rat beginnt heute um 17.00 Uhr. Nach dem Treffen mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz gibt es das traditionelle Familienfoto. Gegen 17.45 Uhr begeben sich die Staats- und Regierungschefs zu ihrer ersten Arbeitssitzung. Daran schließt sich dann das Arbeitsabendessen an. Der zweite Gipfeltag beginnt am Freitag um 10.00 Uhr mit der zweiten Arbeitssitzung des Rates. Den Abschluss bilden die Pressekonferenzen der Gipfelteilnehmer.