Europa erleben und mitgestalten

EU-Projekttag Europa erleben und mitgestalten

Zum achten Mal fand der EU-Projekttag an Schulen in ganz Deutschland statt. Bundeskanzlerin Angela Merkel war zu Gast an der Robert-Jungk-Oberschule in Berlin. Mit den Schülerinnen und Schülern diskutierte sie über die Herausforderungen in Europa.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Diskussion mit Schülern.

Wie sehen Schülerinnen und Schüler die Zukunft Europas?

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Einen Monat lang hatten sich die Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse auf dieses Ereignis vorbereitet. Jede Woche trafen sie sich, um Themen abzustimmen und sich für den heutigen Tag fit zu machen. Sie wollten überzeugend sein, wenn sie der Bundeskanzlerin ihre Fragen stellen. Für Mateusz Lewandowski und Zahra Yehia ist es eine große Herausforderung aber auch Freude, die Veranstaltung moderieren zu dürfen. "Sollen wir die Redezeit begrenzen, wer stellt die Fragen, brauchen wir 'Eisbrecher', um die Diskussion zu eröffnen" - jede Menge Fragen.

Montag, 10:00 Uhr – Projekttag mit Kanzlerin

Es ist soweit. Sie kommt. Ehrenspalier der Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer. Die Kameras klicken, alle Smartphones sind für die "Selfies" bereit. Der Schulchor singt sein erstes Lied "Ein bisschen Frieden" auf Polnisch. Gastgeberin für die Bundeskanzlerin ist 2014 eine deutsch-polnische Oberschule.

Ungefähr 150 Schülerinnen und Schüler erwarten heute konkrete Antworten auf ihre Fragen zum deutsch-polnischen Verhältnis, zur Krise auf der Krim und der Haltung der EU oder zur bevorstehenden Europawahl.

Deutsch-polnische Partnerschaft wichtig für Europa

Für die Jugendlichen der Robert-Jungk-Oberschule (RJO) ist Europa bereits Realität. Ihre Schule ist für sie ein "Spiegelbild Europas", denn hier lernen Schülerinnen und Schüler vieler europäischer Nationalitäten. Der Unterricht an der Schule findet zum großen Teil auf Deutsch und Polnisch statt. Der Austausch mit ihren polnischen Partnern ist Normalität, europaskeptisch ist hier niemand.

Nach der Begrüßung stellen die Schüler der Kanzlerin einige Europa-Projekte ihrer Schule vor. Dazu gehört auch eine Tanzaufführung in Originaltrachten, die sie gemeinsam mit ihrer Partnerschule in Warschau einstudiert haben. Angela Merkel ist auch am Geschichtsprojekt interessiert, zu dem die gemeinsame Exkursion von deutschen und polnischen Schülern nach Auschwitz und Gespräche mit Überlebenden des Holocausts gehören.

Europa erlebbar machen

Danach beginnt die Podiumsdiskussion. Mateusz Lewandowski begrüßt die Kanzlerin und eröffnet die Diskussion zum deutsch-polnischen Verhältnis. Merkel bezeichnet die Zusammenarbeit zwischen den beiden Nachbarländern als wichtig, gerade auch in Krisenzeiten. "Wenn Hochwasser ist, arbeitet man zusammen, als gäbe es keine Grenzen." Diese positiven Beziehungen werden von Europaschulen wie der Robert-Jungk-Oberschule gefördert. "Wir brauchen mehr davon", betont die Kanzlerin. Immer wieder hebt sie die menschlichen Beziehungen hervor, die nicht nur auf politischer Ebene notwendig sind.

Die Themenpalette ist groß. Es beginnt mit der Frage der Führungsrolle Deutschlands in der EU. Merkel antwortet darauf, dass es viel mehr darauf ankomme, eine gemeinsame Position herauszuarbeiten. Auch die Ukraine spielt eine große Rolle. Bei der Krim-Krise handle es sich um eine "Hau-Ruck-Aktion gegen die ukrainische Verfassung". Wichtig seien jetzt "schnelle und faire Präsidentschaftswahlen", so Merkel.

Die Ukraine brauche nach Ansicht der Bundeskanzlerin versöhnende Politiker, die Russland und die EU nicht weiter als Gegensätze betrachteten. Das Vernünftigste sei, wenn nicht nur die Ukraine, sondern auch Russland näher an Europa heranrücke. Die Friedensordnung in Europa beruhe darauf, dass über Territorien nicht mehr gestritten werde. Die Bundeskanzlerin weiter: "Weil wir Europa sind, gehören wir jetzt zusammen, und dann spielt so etwas nicht mehr so eine Rolle."

Jugendarbeitslosigkeit in Europa bekämpfen

Mateusz fasst sich ein Herz und leitet zum nächsten Thema über. Die Schüler der RJO sind sehr besorgt über die Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Für die Bundeskanzlerin ist insbesondere die Arbeitslosigkeit jungen Menschen "eine Katastrophe für Europa", gegen die etwas getan werden müsse. "Hier ist es gut, dass wir für Deutschland sagen können, dass die Jugendlichen gute Chancen auf eine Berufsausbildung haben. Daran müssen wir in Europa aber noch weiter arbeiten", erklärt Merkel.

Für die Europawahlen 2014 wirbt die Kanzlerin: "Jeder Mensch geht für sich wählen, nicht für die Politiker. Die Europawahl ist wichtig, weil es Dinge gibt, für die ich nicht zuständig bin. Das machen die EU-Abgeordneten." Auf ihre Frage, ob die Schüler ihre Abgeordneten des Europaparlamentes kennen würden, kommt leider nur Schulterzucken. Die Bundeskanzlerin forderte die Schülerinnen und Schüler deshalb auf, sich noch mehr mit Europa und den Dingen zu befassen, die nur noch in Brüssel entschieden werden. "Wenn ihr etwas in Europa verändern wollt, dann müsst ihr mit eurer Stimme dazu beitragen", motiviert Merkel die Jugendlichen, an der Europawahl teilzunehmen.

11:30 Uhr – Die Kolonne fährt ab

Die Kanzlerin erklärt zum Abschluss: "Die Schülerinnen und Schüler waren bestens vorbereitet, aber es zeigt sich eben auch, dass an den Schulen heute schon unglaublich viel in Richtung Europabildung getan wird." Nachdem sie sich noch einmal für den herzlichen Empfang an der RJO bedankt hat, rollt ihre Kolonne ab zum nächsten Termin.

Die Erwartungen der Schüler wurden voll erfüllt. Aus ihrer Sicht war es eine gelungene Diskussion mit der Bundeskanzlerin. Viele Fragen wurden beantwortet. Für Mateusz und seine Freunde ist der Stress nun vorbei.

Zum 8. EU-Projekttag waren neben der Bundeskanzlerin auch weitere Mitglieder der Bundesregierung PDF, 438 KB, barrierefrei an Schulen unterwegs. So beantwortete Bundeswirtschaftsminister Siegmar Gabriel Fragen von Schülerinnen und Schüler in einer Schule in Berlin-Kreuzberg. Regierungssprecher Steffen Seibert war am Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Gymnasium zu Gast.