Ein ausgeglichener Haushalt hat Priorität

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Im Wortlaut: Merkel Ein ausgeglichener Haushalt hat Priorität

Im Gespräch mit der der Lausitzer Rundschau äußert sich Bundeskanzlerin Merkel zur Finanz- und Rentenpolitik der Bundesregierung, der Krise in der Ukraine sowie der Zukunft Europas. Auch die Entwicklungen in der Türkei sind Thema.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Das Interview im Wortlaut:

Lausitzer Rundschau: Sie telefonieren oft mit Präsident Putin. Was, denken Sie, sind seine Motive in der Ukraine?

Angela Merkel: Darüber spekuliere ich nicht. Was wir alle sehen, ist, dass es der russischen Führung offenbar schwer fällt zu akzeptieren, dass das souveräne Land Ukraine seinen eigenen, selbstbestimmten Weg geht. Unsere Haltung ist, dass die Ukraine frei entscheiden soll und kann, was sie will. Demokratische Präsidentschaftswahlen am 25. Mai sind ein wichtiger Schritt dabei.

Lausitzer Rundschau: Einer Ihrer Vorgänger, Helmut Schmidt, sagt, die EU sei größenwahnsinnig, wenn sie versuche, Länder wie die Ukraine oder gar Georgien, das gar nicht zu Europa gehöre, mit Assoziierungsabkommen an sich zu binden.

Merkel: Souveräne Staaten haben wie gesagt das Recht, Abkommen zu schließen. Wir bieten diesen Ländern an, ihre Kontakte zur EU zu festigen, vor allem die Handelskontakte, und sind gleichzeitig auch im Gespräch mit Russland. Die Assoziierungsabkommen bringen im Übrigen auch innere Reformen voran, sie fördern Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte.

Lausitzer Rundschau: Was nützt die Wahl in der Ukraine am Sonntag, wenn sie in Teilen des Landes gar nicht regulär stattfindet?

Merkel: Wie die Wahl abgelaufen sein wird, das wird die OSZE bewerten, deren Urteil alle respektieren sollten. Sie ist dort mit einer der größten Wahlbeobachtungsmissionen ihrer Geschichte vertreten, leider hat Russland trotz einer entsprechenden Einladung darauf verzichtet, ebenfalls Beobachter in diese OSZE-Mission zu entsenden. Zurzeit wird mit aller Kraft daran gearbeitet, dass die Ukrainer ihr demokratisches Wahlrecht ausüben können.

Lausitzer Rundschau: Gehen Sie davon aus, dass auch Russland die Wahl anerkennen wird?

Merkel: Ich erwarte, dass Russland die ohne Zweifel objektive Bewertung der OSZE respektieren wird, es gehört dieser Organisation ja selbst an.

Lausitzer Rundschau: Wie qualifizieren Sie die Entwicklung in der Türkei? Ist auch Erdogan auf dem Weg zu einer autokratischen oder gar despotischen Herrschaft?

Merkel: Die Bundesregierung sieht einige Entwicklungen in der Türkei in der Tat mit Sorge, etwa das Einschreiten gegen Demonstranten, die Übergriffe auf die sozialen Netzwerke oder die Lage der Christen. Dennoch ist unbestritten, dass die Türkei mit Ministerpräsident Erdogan große wirtschaftliche Fortschritte gemacht hat und sich auch das Verhältnis zu den Kurden verbessert hat. Außerdem schätze ich sehr hoch ein, was die Türkei mit der Aufnahme syrischer Flüchtlinge leistet.

Lausitzer Rundschau: Wie bewerten Sie, dass Erdogan am Sonnabend in Köln Wahlkampf für seine AKP machen will?

Merkel: Er hatte ja schon häufiger solche Auftritte in Deutschland. Ich gehe davon aus, dass er weiß, wie sensibel dieser Termin gerade diesmal ist, und dass er verantwortungsvoll auftritt.

Lausitzer Rundschau: Sie äußern sich ausgesprochen vorsichtig über Erdogan. Weil Sie die Möglichkeit behalten wollen, auf ihn einzuwirken?

Merkel: Weil das Bild nicht schwarz-weiß, sondern differenziert ist. Auch wenn es Meinungsunterschiede gibt, können wir im Gespräch das voranbringen, was uns wichtig ist. Die Türkei ist uns Deutschen ein sehr wichtiger und enger Partner, auch weil so viele türkischstämmige Menschen bei uns leben.

Lausitzer Rundschau: Neben den genannten Krisen an den Rändern Europas ist da ja noch die Schuldenkrise, gibt es Austrittsdrohungen Großbritanniens und das Vorrücken antieuropäischer Parteien. Ist Europa insgesamt in einer Krise?

Merkel: Nein. Europa hat mit der europäischen Staatsschuldenkrise schwere Jahre hinter sich. Und auch wenn sie noch nicht dauerhaft überwunden ist, haben wir mit einer großen Kraftanstrengung bereits viel erreicht, um das Vertrauen in den Euro wiederherzustellen. In der nächsten Wahlperiode des Europaparlaments muss es darum gehen, Europa wettbewerbsfähiger zu machen, etwa in der digitalen Wirtschaft.

Lausitzer Rundschau: Deutschland will in der Schuldenkrise Vorbild sein, doch bei der Rente werden Geschenke zulasten Generationen verteilt. Wie passt das zusammen?

Merkel: Die verbesserte Mütterrente für Frauen, die vor 1992 ihre Kinder bekommen haben, ist eine der Gerechtigkeit. Das gilt auch für die Rente nach rum wettbewerbsfähiger zu etwa digitalen Schuldenkrise zulasten künftiger verteilt. vor Frage abschlagsfreie 45 Beitragsjahren. Für beide Maßnahmen haben die heutigen Koalitionspartner im Wahlkampf geworben. Das setzen wir jetzt um, wie wir es vor der Wahl versprochen haben. Schauen Sie bitte außerdem auch auf das, was wir gerade für die jüngere Generation tun: Investitionen in Bildung, in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und nicht zuletzt 2015 ein ausgeglichener Haushalt ohne neue Schulden.

Lausitzer Rundschau: Soll die Anrechnung der Arbeitslosenzeiten auch noch bleiben, wenn die abschlagsfreie Rente mit 63 im Jahr 2029 endgültig ausläuft?

Merkel: So sieht es das Gesetz vor. Aber bis 2029 wird es noch vier Bundestagswahlen geben.

Lausitzer Rundschau: Dieses Jahr werden Rekordsteuereinnahmen von 640 Milliarden Euro gesamtstaatlich erwartet. Wann, wenn nicht jetzt, kann man die Kalte Progression abschaffen, wie es die Union im Wahlkampf versprochen hat.

Merkel: Wir wollen 2015 zum ersten Mal nach Jahrzehnten wieder einen ausgeglichenen Haushalt schaffen. Das hat für uns Priorität. Es ist ein ehrgeiziges Ziel, zumal wir gleichzeitig große Investitionen in Infrastruktur und Bildung vorhaben.

Lausitzer Rundschau: Die Abgeltungssteuer ist ein Sonderangebot für Steuerflüchtlinge. Sollte man sie nicht abschaffen angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Steueroasen schwindet?

Merkel: Tatsächlich ist es ein erfreulicher Fortschritt, dass viele Staaten jetzt bereit sind, sich am umfassenden Informationsaustausch in Fällen Steuerhinterziehung zu beteiligen. Bis das aber konkret umgesetzt ist, dauert es noch Jahre. Für diese Legislaturperiode stellt sich die Frage der Abschaffung der Abgeltungssteuer daher nicht.

Lausitzer Rundschau: Im Bundestag streiten sich die Parteien über die Vernehmung von Edward Snowden. Warum sperrt sich die Bundesregierung mit Händen und Füßen dagegen, ihm in Deutschland ein sicheres Geleit für seine Aussage zu gewähren?

Merkel: Das Parlament hat die Bundesregierung um eine umfassende Einschätzung gebeten. Dieser Stellungnahme der Bundesregierung, die innen- und außenpolitische Konsequenzen erörtert, habe ich hier nichts hinzuzufügen.

Mit Angela Merkel sprachen Werner Kolhoff und Stefan Vetter für die

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