Zukunftsfähige Landwirtschaft geht nur gemeinsam

Deutscher Bauerntag 2021 Zukunftsfähige Landwirtschaft geht nur gemeinsam

Auf dem Deutschen Bauerntag betonte Bundeskanzlerin Merkel, sie nehme die Sorgen der Landwirtinnen und Landwirte sehr ernst. Der ländliche Raum und die Landwirtschaft verdiene in Zeiten von Globalisierung, hohem Wettbewerbsdruck, sich stark verändernden Umweltbedingungen und steigenden Boden- und Pachtpreisen unsere ganze Aufmerksamkeit.

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Die Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht beim Deutschen Bauerntag 2021.

Das Motto des diesjährigen Deutschen Bauerntags lautet „Zukunft Landwirtschaft“.

Foto: Bundesregierung/ Bergmann

Die Politik müsse, so die Bundeskanzlerin, verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft zu erhalten und gleichzeitig den sich wandelnden gesellschaftlichen und ökologischen Anforderungen gerecht zu werden. Diese hohen Anforderungen rechtfertigten die Unterstützung der Landwirte mit erheblichen öffentlichen Mitteln.

Auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft bedürfe es des Dialogs mit allen Beteiligten, betonte Merkel: „Wir brauchen diese Bereitschaft zur Veränderung sowohl bei der Landwirtschaft als auch bei den Verbrauchern.“ Hier komme die von der Bundesregierung eingesetzte Zukunftskommission Landwirtschaft ins Spiel, in der die verschiedenen Gruppen vertreten seien, die für die Landwirtschaft von Relevanz seien. Deren Abschlussbericht erwarte sie für Anfang Juli. Er werde der „Grundstein“ für die Diskussion über den weiteren Weg der Landwirtschaft sein, so die Kanzlerin.

Tragbare Kompromisse gefunden

Mit Blick auf die Novelle des Klimaschutzgesetzes sagte Merkel, es sei ein tragfähiger Kompromiss für die Land- und Forstwirtschaft gefunden worden, der der Sonderrolle der Landwirtschaft Rechnung trage.

Gleiches gelte bezüglich der Umsetzung des Insektenschutzpaketes, wenngleich damit viele Anpassungen verbunden seien, die für einzelne Betriebe zum Teil erhebliche Einschnitte bedeuten könnten. „Ich und natürlich auch die Landwirtschaftsministerin, wir haben die Sorgen der Landwirtschaft sehr, sehr ernst genommen.“ Daher sehe die jetzige Fassung Möglichkeiten zur Fortführung bereits bestehender Länderregelungen und Kooperationen vor. Um trotzdem auftretende Belastungen der Landwirtschaft abzufedern, gebe es zudem viele Fördermaßnahmen. „Mir ist bewusst, wie umstritten das Paket zum Insektenschutz immer noch ist. Wir sollten aber immer auch bedenken, dass sich das Problem nicht gelöst hätte, wenn wir nichts beschlossen hätten. Im Gegenteil, es würde nur noch drängender,“ so die Bundeskanzlerin.

Zum Thema Tierwohl sagte die Kanzlerin, bei Fragen um Verbesserungen des Tierwohls gehe es nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie, das heißt rechtssichere und praktikable, aber auch politisch vermittelbare Lösungen. „Wir sollten den derzeitigen parteiübergreifenden Konsens nutzen, um eine nachhaltige Nutztierhaltung voranzubringen und dem Sektor so insgesamt eine Perspektive zu geben.“

Zukunftsperspektiven für junge Menschen

Zum Abschluss appellierte Merkel an junge Menschen, den Beruf des Landwirts zu ergreifen: „Die Jugend brauchen wir, um auch in Zukunft eine heimische Lebensmittelproduktion zu haben, um den Klimaschutz voranzutreiben und eben auch die Artenvielfalt zu erhalten sowie um weiterhin Kulturlandschaften zu pflegen und ländliche Räume zu stärken. Ich finde, das sind mehr als genügend Gründe dafür, warum es so wichtig ist, dass junge Menschen diesen Beruf ergreifen, Verantwortung übernehmen und Familientraditionen nicht nur fortführen, sondern eben auch fortentwickeln.“

So kann eine zukunftsfähige Landwirtschaft gelingen

Es gibt viele Möglichkeiten, den Bäuerinnen und Bauern beim Umwelt- und Klimaschutz zu helfen. Der Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit erfordert technologische Innovationen in der Landwirtschaft sowie die Bereitschaft, auch von Handel und Verbrauchern, nachhaltig produzierte Lebensmittel entsprechend zu unterstützen.

Die Bundesregierung unterstützt die Landwirtinnen und Landwirte mit vielfältigen Maßnahmen. Zusammen mit Experten aus Bund, Ländern, Wissenschaft und Verbänden hat sie ein umfassendes Programm ausgearbeitet, das Pflanzenbau, Forstwirtschaft, Nutztierhaltung sowie die Fischerei bei der Anpassung unterstützen soll. Es geht dabei auch um Risikomanagement, Forschung, Praxistransfer, Züchtung, Artenwahl und Provenienzen, Wassermanagement und -nutzung, Informations-, Datenmanagement und Monitoring.

Hier einige wichtige Beispiele:

Mehr Tierwohl: Mehr Platz und Beschäftigung tragen dazu bei, das Wohl der Tiere sicherzustellen. Oft sind dafür Investitionen der Landwirte nötig, die die Bundesregierung fördert. So werden etwa für Stallumbauten 300 Millionen Euro bereitgestellt. Gesetzliche Neuerungen wie das Verbot der Ferkelkastration und das Verbot des Kükentötens tragen dazu bei, dass Deutschland im Tierschutz weiter voranschreitet. Inzwischen gibt es zudem fundierte Vorschläge des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung, Machbarkeitsstudien und Folgenabschätzungen, wie der Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland hin zu mehr Tierwohl gelingen kann.

Faire Preise für faire Ware: Landwirte müssen von dem, was sie erzeugen, gut leben können. Doch häufig sind sie und andere Erzeuger einem enormen Preisdruck ausgesetzt. Etwa wenn der Handel kurzfristig verderbliche Ware storniert oder die Ware erst Monate später bezahlt wird. Ein Gesetz sorgt nun für faire Vertrags- und Lieferbeziehungen.

Moderne Technik reduziert Treibhausgase: Mit Initiativen für mehr Nachhaltigkeit und mehr Umweltschutz wird der Wandel in der Landwirtschaft beschleunigt. Modernste Techniken tragen dazu bei, unvermeidbare Treibhausgase auf ein Minimum zu reduzieren.

Die Bundesregierung unterstützt landwirtschaftliche Betriebe, um Energie und Ressourcen effizient zu nutzen: Etwa mit dem Investitionsprogramm Landwirtschaft , für das bis 2024 816 Millionen Euro zur Verfügung stehen und der Zukunftsstrategie ökologischer Landbau (ZöL) . Darüber hinaus hat die Bundesregierung beschlossen, mit dem Sofortprogramm für mehr Klimaschutz 2022 über 150 Millionen Euro für die Förderung der Energieeffizienz in der Landwirtschaft, emissionsarmer Stallbauten und Lagerstätten sowie die Forschung für klimafreundliche Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Mehr als 330 Millionen Euro soll es für den Schutz der Moore, die nachhaltige Waldbewirtschaftung und den Humuserhalt und -aufbau geben. Die Programme helfen, bis 2030 den Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um 65 Prozent zur reduzieren. Und schon 2045 soll Deutschland klimaneutral werden.

Artenvielfalt schützen und fördern: Vielfalt auf Feldern und Wiesen sorgt für funktionierende Ökosysteme. Sie beheimaten Nützlinge und Insekten, die als wertvolle Unterstützer auf Anbauflächen fungieren. Landwirtinnen und Landwirte tragen mit cleveren Lösungen viel dazu bei, die biologische Vielfalt zu fördern. Die Bundesregierung hat mit ihrem im September 2019 beschlossenen Aktionsprogramm Insektenschutz dafür anspruchsvolle Ziele gesetzt. Sie unterstützt die Anstrengungen der Landwirte mit zusätzlich 65 Millionen Euro. Insgesamt stehen 250 Millionen Euro aus der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe für Insektenschutzleistungen zur Verfügung, um gezielt eine nachhaltige Landwirtschaft zu unterstützen. Bis 2030 sollen 20 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen ökologisch bewirtschaftet werden – dazu stehen jährlich 33 Millionen Euro zur Verfügung.

Gemeinsame Agrarpolitik (GAP): Durch den Einsatz der Bundesregierung kann die GAP mit nahezu gleichbleibendem Budget fortgeführt und die Finanzierung bis 2027 gesichert werden. Die GAP wird ziel- und ergebnisorientierter und mehr Umwelt- und Klimaschutz gehen einher mit der Einkommenssicherung der Landwirte. Die ländlichen Räume, kleinere und mittlere Betriebe sowie Junglandwirte werden stärker gefördert.

Biologische Ressourcen nutzen: Mit dem Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ unterstützt das Bundeslandwirtschaftsministerium Forschungsansätze für innovative, international wettbewerbsfähige biobasierte Produkte und Energieträger sowie innovative Verfahren und Technologien zu deren Herstellung. Die Projekte sollen dem Umwelt-, Ressourcen- und Klimaschutz und der Stärkung der Land- und Forstwirtschaft dienen. Aktuell ist das Programm mit rund 85 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt unterlegt.