Der Beschluss von Bund und Ländern zur Bekämpfung der Corona-Pandemie

Infektionsgeschehen bremsen Der Beschluss von Bund und Ländern zur Bekämpfung der Corona-Pandemie

Bund und Länder haben neue Beschlüsse gefasst, um den schnellen Anstieg der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus einzudämmen. Die Gespräche hätten "in einer sehr ernsten Lage" stattgefunden, erklärte Bundeskanzlerin Merkel. Um eine "akute nationale Gesundheitsnotlage zu vermeiden", müssten jetzt Maßnahmen ergriffen werden.

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Kanzlerin Merkel, Berlins Regierender Bürgermeister Müller und Bayerns Ministerpräsident Söder in der Pressekonferenz nach den Bund-Länder-Gesprächen

Kanzlerin Merkel erläuterte die neuen Maßnahmen gemeinsam mit Berlins Regierendem Bürgermeister Müller (li.) und Bayerns Ministerpräsidenten Söder (re.)

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Die Beratungen von Bundeskanzlerin Merkel mit den Regierungschefinnen und -chefs der Bundesländer fanden vor dem Hintergrund eines aktuell stark ansteigenden Infektionsgeschehens statt. Alle Beteiligten hätten "bei allem, was wir heute beraten und beschlossen haben", die vielen Menschen im Blick gehabt, die mit großen Erwartungen, aber auch Sorgen auf die Gespräche geschaut hätten, so Merkel.

Das Tempo der Ausbreitung des Virus mache die derzeitige Pandemielage sehr ernst, betonte Kanzlerin Merkel im Anschluss an die Beratungen. "Wir erleben einen exponentiellen Anstieg der Zahlen mit Verdopplungszeiten, die sich weiter verkürzt haben". Das gelte für die Zahl der Infizierten genauso wie die Zahl der Intensivpatienten und der Menschen, die künstlich beamtet werden müssten. 

Im Wortlaut:  Der Beschluss von Bund und Ländern PDF, 135 KB, nicht barrierefrei

"Wenn es bei diesem hohen Tempo bleibt, dann kommen wir binnen Wochen an die Grenzen der Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems", mahnte die Bundeskanzlerin. Deshalb sei vollkommen klar: "Wir müssen handeln, und zwar jetzt! Wir müssen handeln, um eine akute nationale Gesundheitsnotlage zu vermeiden. Und dafür müssen wir Maßnahmen ergreifen."

Das wichtigste Instrument zur Eindämmung einer Pandemie sei die Nachverfolgung der Kontakte eines Infizierten. Dieses Instrument stehe an vielen Stellen nicht mehr zur Verfügung, erklärte Merkel. Infektionsketten könnten deshalb nicht mehr unterbrochen werden. Dies bedeute, dass die Kontrolle über das Virus verloren gehe.

Nationale Kraftanstrengung erforderlich

Im Frühjahr sei es gelungen, die Infektionszahlen zu senken - "und zwar vor allem durch die Vernunft und Solidarität der Menschen", bekräftigte Merkel. "Wir wissen jetzt, wir müssen die Kontakte wieder reduzieren und damit auch die Gefahr der Ansteckung herunterbringen. Und deshalb brauchen wir jetzt im Monat November noch einmal eine nationale Kraftanstrengung."

Bund und Länder hätten nun gemeinsam harte Maßnahmen beschlossen, die für ganz Deutschland gelten, sagte Merkel. Dabei habe man zwei Prioritäten im Auge behalten: Zum einen, dass das wirtschaftliche Leben in Takt gehalten werden müsse. Zum anderen, dass Schulen und Kitas offenbleiben müssten. Im Umkehrschluss bedeute dies, man müsse harte Auflagen erlassen für die Beschränkung von Kontakten im Privaten und im Freizeitbereich.

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Video Merkel: "Wir müssen handeln - und zwar jetzt"

75 Prozent der Neuinfektionen nicht mehr nachvollziehbar

Merkel betonte, das Infektionsgeschehen habe einen Punkt erreicht, an dem bei 75 Prozent der Neuinfektionen nicht mehr nachzuvollziehen sei, woher sie kommen. Dies bedeute, dass nicht mehr festzustellen sei, welcher Bereich zum Infektionsgeschehen beitrage und welcher nicht. Aus diesem Grund habe man Maßnahmen zur Einschränkung von persönlichen Kontakten beschlossen. Auch die Freizeitgestaltung werde erheblich eingeschränkt. Zudem müssten Gastronomiebetriebe im November schließen. Für von temporären Schließungen betroffene Betriebe und Einrichtungen werde es eine außerordentliche Wirtschaftshilfe geben.

"Das ist heute ein schwerer Tag – auch für politische Entscheidungsträger, denn wir wissen, was wir den Menschen zumuten", betonte Merkel. Das Ziel sei es, einen Weg zu finden, der einerseits eine nationale Gesundheitsnotlage verhindert und gleichzeitig das wirtschaftliche Leben weitestmöglich aufrechterhält. Sie sei deshalb sehr dankbar, dass Bund und Länder heute zu einer Übereinstimmung gekommen seien. "Bei sehr unterschiedlichen Inzidenzen in den einzelnen Bundesländern machen alle mit, und das ist für mich eine sehr gute Nachricht."

Die Beschlüsse im Einzelnen

Ab dem 2. November treten die zusätzlichen Maßnahmen bundesweit in Kraft. Sie sind befristet bis Ende November. Nach Ablauf von zwei Wochen werden die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sich erneut beraten und ggf. notwendige Anpassungen vornehmen. Auf folgende Beschlüsse haben sich Bund und Länder unter anderem verständigt:

  • Wichtigste Maßnahme in der kommenden Zeit wird es sein, Abstand zu halten und Kontakte zu verringern. Die Bürgerinnen und Bürger werden angehalten, die Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren.
  • Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist daher ab sofort nur mit den Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes gestattet, jedoch in jedem Fall mit maximal 10 Personen (Kontaktbeschränkungen).
  • Bürgerinnen und Bürger werden aufgefordert, generell auf nicht notwendige private Reisen und Besuche - auch von Verwandten - zu verzichten. Übernachtungsangebote im Inland werden nur noch für notwendige und ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur Verfügung gestellt.

    Die Grafik zeigt einen Text, der beschreibt, dass Bund und Länder neue Kontaktbeschränkungen beschlossen haben, um das Infektionsgeschehen zu bremsen.

    Bund und Länder haben Kontaktbeschränkungen beschlossen

    Foto: Bundesregierung

  • Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind, werden geschlossen. Dazu gehören unter anderem Theater, Kinos, Freizeitparks, Spielhallen, Bordelle, Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen, der Freizeit- und Amateursportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen - mit Ausnahme des Individualsports allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand.
  • Schulen und Kindergärten bleiben offen. Die Länder entscheiden über die erforderlichen Schutzmaßnahmen.

    Die Grafik zeigt einen Text der beschreibt, dass Schulen und Kitas weiter offen bleiben, die Freizeitgestaltung jedoch stark eingeschränkt wird. Unter anderem müssen Theater, Kinos und Freizeitparks schließen.

    Bund und Länder haben beschlossen: Schulen und Kitas bleiben offen.

    Foto: Bundesregierung

  • Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt. Profisportveranstaltungen können nur ohne Zuschauer stattfinden.
  • Gastronomiebetriebe sowie Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen werden geschlossen. Davon ausgenommen sind die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause, sowie der Betrieb von Kantinen.
  • Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie zum Beispiel Kosmetikstudios und Massagepraxen werden geschlossen. Medizinisch notwendige Behandlungen, zum Beispiel Physio-, Ergo- und Logotherapien sowie Podologie/Fußpflege bleiben weiter möglich. Friseursalons bleiben unter den bestehenden HygieneAuflagen geöffnet.
  • Der Groß- und Einzelhandel bleibt unter Auflagen insgesamt geöffnet.

    Die Grafik zeigt einen Text mit dem Inhalt, dass Gastronimiebetriebe und Kosmetiksalons schließen müssen. Friseure sowie der Groß- und Einzelhandel bleiben unter Auflagen geöffnet.

    Geschlossen werden unter anderem Gastronomiebetriebe und Kosmetiksalons

    Foto: Bundesregierung

  • Für die von den temporären Schließungen betroffenen Unternehmen, Betriebe, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen wird der Bund eine außerordentliche Wirtschaftshilfe gewähren, um sie für die finanziellen Ausfälle zu entschädigen.
  • Der Bund wird die bestehenden Hilfsmaßnahmen für Unternehmen verlängern und die Konditionen für die hauptbetroffenen Wirtschaftsbereiche verbessern (Überbrückungshilfe III). Dies betrifft zum Beispiel den Bereich der Kultur und Veranstaltungswirtschaft und die Soloselbstständigen.

    Die Grafik zeigt einen Text mit dem Inhalt, dass von den Schließungen erfasste Unternehmen und Einrichtungen Wirtschaftshilfen erhalten. Auch Überbrückungshilfen werden verlängert.

    Die Bundesregierung unterstützt betroffene Unternehmen und Vereine.

    Foto: Bundesregierung

  • Auch in der Pandemie wollen wir in Industrie, Handwerk und Mittelstand sicheres Arbeiten möglichst umfassend ermöglichen. Die Arbeitgeber haben eine besondere Verantwortung für ihre Mitarbeiter, um sie vor Infektionen zu schützen. Bund und Länder fordern die Unternehmen eindringlich auf, jetzt wieder angesichts der hohen Infektionszahlen, wo immer dies umsetzbar ist, Heimarbeit oder mobiles Arbeiten zuhause zu ermöglichen.
  • Regelungen zum Schutz besonders vulnerabler Gruppen dürfen nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen führen.
  • Bund und Länder werden die Information über die geltenden Corona-Maßnahmen noch einmal verstärken und durch möglichst einheitliche Maßnahmen die Übersichtlichkeit erhöhen. Sie werden jedoch auch die Kontrollen zur Einhaltung der Maßnahmen flächendeckend verstärken.
  • Bund und Länder sind sich darüber im Klaren, dass es sich um sehr einschneidende Maßnahmen handelt. Aber sie sind notwendig und sie sind mit Blick auf das zu schützende Rechtsgut der Gesundheit der Bevölkerung und zur Abwendung noch umfangreicherer wirtschaftlicher Schäden im Falle einer unkontrollierten pandemischen Entwicklung verhältnismäßig.