Bilaterale Projekte, wirtschaftliche und europapolitische Fragen standen im Mittelpunkt der 15. Deutsch-Polnischen Regierungskonsultationen, zu denen Bundeskanzlerin Merkel ist mit einem Großteil ihres Kabinetts nach Warschau gereist ist. Auch wegen der schwierigen deutsch-polnischen Geschichte sei es "umso wichtiger, dass wir heute gute Partner sind in einer ja nicht unkomplizierten Welt", sagte Merkel.
Die Regierungskonsultationen fanden kurz vor dem 100. Jahrestag der Wiedererlangung der polnischen Unabhängigkeit am 11. November statt. Am Präsidentenpalast wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki mit militärischen Ehren empfangen. Sie bilanzierte nach einem bilateralen Gespräch, "dass es sich nicht nur lohnt, gemeinsam zu arbeiten, sondern dass es für uns beide gewinnbringend ist." Wo es Meinungsverschiedenheiten gebe, "können sie auch nur über Gespräche gelöst werden".
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz betonte der polnische Ministerpräsident, wie nützlich der breite Meinungsaustausch und die "sehr guten, fruchtbaren Beratungen" über alle aktuellen Themen gewesen sei. Zustimmend bedankte sich die Kanzlerin im Namen der gesamten deutschen Delegation für den freundschaftlichen Empfang in Warschau. Angesichts der schwierigen deutsch-polnischen Geschichte sei es "umso wichtiger, dass wir heute gute Partner sind in einer ja nicht unkomplizierten Welt."
Am 17. Juni 1991 unterzeichneten Deutschland und Polen den "Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit". Das 25-jährige Jubiläum begingen beide Länder mit zahlreichen Veranstaltungen vor allem im zivilgesellschaftlichen Bereich.
In Warschau hob die Kanzlerin auch die guten Wirtschaftsdaten in beiden Ländern hervor, wo man derzeit "mehr über Fachkräftemangel als über Arbeitslosigkeit" spreche. Mit 110 Milliarden Euro sei das Handelsvolumen "sehr bedeutend". Darauf könne man gemeinsam sehr stolz sein.
Merkel bedankte sich bei den polnischen Partnern, dass sie die nächste Klimaschutzkonferenz COP 24 ausrichten. Deutschland und Polen hätten ähnliche Probleme in Fragen des Klimaschutzes, wenn es um die künftige Rolle der Kohle und des Übergangs zu erneuerbaren und nachhaltigen Energieformen geht.
Der gemeinsame Wunsch Polens und Deutschlands sei es, bereits in wenigen Tagen ein geordnetes Verfahren für den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union zu finden. Beide Länder wollten, dass dies auch künftig "gute und freundschaftliche Beziehungen" ermögliche. Darüber hinaus gehe es um den künftigen mittelfristigen Finanzrahmen der EU, der nach den Europawahlen im Mai 2019 anstehe. Merkel lobte, dass Polen und andere mittelosteuropäische Länder die Mittel aus den Kohäsionsfonds bisher "sehr effektiv" eingesetzt und so mehr Konvergenz mit den anderen Ländern erreicht hätten.
Die Kanzlerin hob zudem die gute Zusammenarbeit mit Polen als Nato-Partner im Bereich der Verteidigung hervor. Es gebe Pläne, bei künftigen Rüstungsprojekten wie Panzern "sehr eng zusammenzuarbeiten". Das zeige die gemeinsame Verpflichtung, "hier Europa effizienter zu machen, und auf der anderen Seite ein guter und wichtiger Teil der Nato zu sein. Denn die transatlantische Partnerschaft ist für uns wichtig", so die Kanzlerin.
Deutschland stimme mit Polen mit Blick auf die Bewertung Russlands bezüglich des Konflikts in der Ukraine überein, sagte Merkel. Einerseits gebe es Erfolge bei der Demokratisierung der Ukraine und der Bekämpfung der Korruption. "Auf der anderen Seite gibt es leider nicht die gewünschten Erfolge bei der Umsetzung des Minsker Abkommens", beklagte die Kanzlerin. Hinzu kämen noch Beschränkungen im Asowschen Meer. Man habe es also weiterhin zu tun mit einer "Situation, die Deutschland und Polen als sehr ernst empfinden."
Dass Polen 2019 Gastgeber der nächsten Westbalkankonferenz sein werde, freue sie sehr, sagte Merkel: "Denn die Situation in der Region ist nach wie vor an vielen Stellen noch fragil, es sind viele Probleme zu lösen." Man bekenne sich zur EU-Beitrittsperspektive dieser Länder und wolle sie auch weiterentwickeln.
Die Bundeskanzlerin betonte mit Blick auf die Energieversorgung, dass aus deutscher Sicht die Diversifizierung der Energiequellen wichtig sei. Deutschland werde deshalb seine Pläne beschleunigen, einen Flüssiggas-Terminal zu bauen. Damit wolle man auch auf andere Quellen als Pipelines wie Nord Stream 2 zurückgreifen können. Gemeinsames Ziel mit Polen bleibe, dass die Ukraine als Transitland für Gas "weiter wichtig" bleibe, weil dies auch eine Sicherheitskomponente für die Ukraine darstelle.
Parallel zur Unterredung der Kanzlerin mit Ministerpräsident Morawiecki fanden Gespräche der deutschen Ministerinnen und Minister mit ihren jeweiligen polnischen Amtskolleginnen und -kollegen statt. Themen ihrer Konsultationen waren vor allem die zahlreichen bilateralen Kooperationsprojekte.
Zum Abschluss der Regierungskonsultationen legte die Kanzlerin noch einen Kranz am Grabmal des Unbekannten Soldaten nieder. Diese Gedenkstätte wurde nach dem Ersten Weltkrieg errichtet und erinnert an die im Kampf um die Freiheit Polens Gefallenen. Für Merkel "eine sehr symbolische Geste", die an die oft schwerste gemeinsame Geschichte erinnere. "Wir sind gewillt, für die Zukunft die Entwicklung friedlich und freundschaftlich zu gestalten", sagte die Kanzlerin klar.