"Es gibt ein intensives gemeinsames Nachdenken"

Gut leben in Deutschland "Es gibt ein intensives gemeinsames Nachdenken"

Aus ihrer ersten Bürgerdialog-Veranstaltung nahm Bundeskanzlerin Merkel viele Anregungen aus den Bereichen soziale Sicherung, Bildung und Gesundheit mit. 60 Bürgerinnen und Bürger hatten die Kanzlerin in Berlin getroffen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Diskussion mit Gästen im Rahmen des Bürgerdialogs.

Gekommen um zuzuhören: Bundeskanzlerin Merkel mit ihren Gästen in Berlin.

Foto: Bundesregierung/Steins

Studierende und Senioren, Selbstständige und Angestellte, Junge und Alte: Es war eine buntgemischte Runde, die Angela Merkel in der Berliner Kulturbrauerei traf. Die Bundeskanzlerin hatte zum Bürgerdialog geladen. Rund 60 Bürgerinnen und Bürger waren dieser Einladung gefolgt und brachten ganz unterschiedliche Diskussionsthemen mit. Immer vor dem Hintergrund der beiden zentralen Fragen: Was ist Ihnen persönlich wichtig im Leben? Und was macht aus Ihrer Sicht Lebensqualität in Deutschland aus?

"Ich werde heute meine Antworten darauf nicht sagen, sondern möchte hören, was Ihnen wichtig ist", kündigte die Bundeskanzlerin an.

Thema: Soziale Sicherung

Ihre Gäste hatten sich vorab auf drei große Themenblöcke verständigt: soziale Sicherung, Gesundheit und Bildung.

Gleich das erste Thema, die soziale Sicherung, brachte viele verschiedene Meinungen, Perspektiven und Ideen hervor. Da ging es beispielsweise um die Frage, ob eine Einheitsrente oder ein leistungsbasiertes System mehr Gerechtigkeit bringt. Auch ging es darum, ob Deutschland nicht noch mehr als bisher auf Zuwanderung setzen muss, damit mehr Menschen in Deutschland arbeiten und damit das Sozialgefüge unterstützen.

Ein Teilnehmer aus der Nähe von Leipzig brachte einen weiteren Punkt in die Diskussion ein: "Ich bin Ostrentner, ich würde gerne auch die Westrente haben", sagte er. Für den Angleich der Renten in Ost und West wolle die Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode eine Lösung finden, berichtete die Bundeskanzlerin. Man sei auf einem guten Weg.

Thema: Gesundheit

Im zweiten inhaltlichen Block ging es um das Thema Gesundheit. Mehrere Dialogteilnehmer meldeten sich zum privaten Gesundheitssystem zu Wort. Mit der Bundeskanzlerin diskutierten sie über die Beitragsbemessungsgrenze und über die Gefahr eines Zweiklassensystems im Gesundheitsbereich.

Ziel müsse es sein, dass "alle die Behandlung bekommen, die sie brauchen", sagte die Bundeskanzlerin. Mit der Abschaffung des privaten Gesundheitssystems, das viele Teilnehmer als ungerecht empfanden, seien nicht alle Probleme gelöst, warnte Merkel.

Eine Bürgerin sprach die so genannten IGeL-Leistungen an, also individuelle Gesundheitsleistungen, die nicht von den gesetzlichen Krankenkassen, sondern von den Patientinnen und Patienten selbst bezahlt werden müssen. Weitere Themen waren die Ärzteversorgung in ländlichen Regionen und die Besserstellung von Menschen in Pflegeberufen.

Eine junge Ergotherapeutin schilderte etwa, dass sie ihre Aus- und Fortbildung nur mühsam hatte finanzieren können. Ein anderer Teilnehmer berichtete, dass in einer vorangegangenen Diskussion aus "Gesundheitswesen" das Thema "gesundes Leben" geworden sei. Damit sei das Themenfeld Gesundheit noch viel breiter, auch eine gesunde Umwelt gehöre dazu. Die Bundeskanzlerin bestätigte, dass Naturschutz immer auch Gesundheitsschutz bedeute.

Thema: Bildung

Eine Öffnung des eigentlichen Themas ergab sich auch in der Diskussion des dritten inhaltlichen Blocks zur Bildung, als Teilnehmer auch europapolitische Themen anschnitten. Eine Lehrerin meldete sich zu Wort und plädierte dafür, dem Thema Bildung eine viel größere Priorität zu geben als bisher. An vielen Schulen seien die Klassen viel zu groß, zu oft würden Schüler deshalb einfach nicht ausreichend gefördert.

Einem anderen Teilnehmer war die Verbesserung der Weiterbildungsstruktur wichtig. Er selbst hätte viereinhalb Jahre auf einen Platz an einer staatlichen Schule warten müssen, um sein Abitur nachzumachen. Nun besucht er eine private Schule.

"Deutschland ist das Herz von Europa"

Applaus gab es, als eine Teilnehmerin auf die besondere Bedeutung von Deutschland für Europa hinwies. "Deutschland ist das Herz von Europa", sagte die Italienerin, die seit Jahren in Deutschland lebt. Sie wünsche sich, dass in Europa Bildungs- und Berufsabschlüsse leichter anerkannt werden.

Die Bundeskanzlerin fasste die Anliegen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in jedem Themenblock zusammen und bedankte sich sowohl für die inhaltliche Vorbereitung als auch die durchaus unterschiedlichen Meinungen. Das sei auch gut so, denn "es hat nicht immer einer das Patentrezept".

Neben den besprochenen drei Themenkomplexen gebe es zudem noch viele weitere Bereiche. "Ich glaube, wir könnten noch zwei, drei Stunden weiter diskutieren", sagte Merkel. "Ich nehme vor allem mit, dass es ein intensives gemeinsames Nachdenken gibt", sagte die Kanzlerin. "Wir werden alles wissenschaftlich auswerten, gewichten und dann schauen, welche Veränderungen wir durchsetzen."